Das Leben von Davina - Interview

Davina ist 35 Jahre alt. Sie scheint vorzeitig gealtert zu sein,  der tägliche Kampf  um eine menschenwürdige  Existenz für sich und ihre Familie hat Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Wie viele andere Leute in der Region, ist sie vor einigen Jahren mit ihrem Mann und den zwei kleinen Kindern von den Bergen nach Tale gezogen. Die katastrophalen Lebensumstände in den Bergen, ohne Strom und ohne warmes Wasser, ohne jegliche Chance auf Arbeit und die Aussicht auf ein menschenwürdigeres Dasein, haben sie zu diesem Schritt bewogen.

 

Übergangsweise fanden sie Unterschlupf bei Davidas älterer Schwester und ihrem Mann und deren zwei Kinder.  Zwei Familien teilten sich eine 45qm Wohnung, es sollte nur eine Übergangslösung sein. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit Davinas Familie. Beim Erzählen wischt sie sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht: „ Mein Mann fand einfach keine Arbeit, wir konnten uns keine eigene Wohnung leisten. Die Situation zu Hause wurde immer unerträglicher. Manchmal wurde sogar das Essen knapp.“  Als ihre Schwester an Krebs erkrankte und in Folge einer falschen Behandlung mit nur 39 Jahren starb, fand Davina keinen Lebensmut mehr. Der Mann ihrer Schwester war seit einem Arbeitsunfall Invalide und konnte zum Familieneinkommen nichts beitragen. Von heute auf morgen musste Davina ihre eigenen und die Kinder ihrer Schwester versorgen. Ihr Mann war ihr in dieser Zeit keine große Stütze. Durch seine Arbeitslosigkeit zog er sich immer mehr zurück, trank zu viel und tyrannisierte phasenweise die ganze Familie.

 

In dieser ausweglosen Situation bekam Davina unerwartete Hilfe von den Don Bosco Schwestern in Tale, die ihr Leben für immer verändern sollte. Die Schwestern, die das Zentrum „Laura Vicuna“ für Frauen und Kinder in Tale betreiben, erfuhren von den dramatischen Verhältnissen in Davina’s Familie. Sie erhielt für die zwei kleineren Kinder sofort einen kostenlosen Kindergartenplatz im Zentrum. Außerdem ermöglichten die Schwestern Davina eine  Ausbildung zur Köchin.

 

Mittlerweile hat sie wieder Freude am  Leben gefunden. Freudestrahlend erzählt Davina, dass sie nach ihrer Ausbildung eine fixe Anstellung bei den Schwestern erhielt. Sie verdient seit zwei Jahren ihr erstes eigenes Geld und kann einen großen Beitrag zum Familieneinkommen leisten. „In einer Gegend, in der es kaum Ausbildungsmöglichkeiten und noch weniger Jobs gibt, ist es ein Segen, eine Ausbildung machen zu dürfen. Die Schwestern haben schon so viel dazu beigetragen, dass wir Frauen eine Chance erhalten. Wir können uns hier kein Leben mehr ohne das Zentrum vorstellen. Wenn das Essen am Anfang meiner Ausbildung zu Hause einmal knapp wurde, haben sie mir Lebensmittel für die ganze Familie mitgegeben. Für diese Hilfe bin ich ihnen auf ewig dankbar. Ich weiß nicht, was mit meiner Familie und mir passiert  wäre, wenn die Schwestern mich damals nicht aufgefangen hätten und ich bin bei Weitem nicht die einzige Frau, der sie schon geholfen haben“, erzählt sie mit leiser Stimme. Auch jetzt sieht man Davina verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischen, aber diese Träne ist eine Träne der Freude. 

 

Geschrieben von

Mag. Alexandra Blattnig
Kommunikation Auslandshilfe